Kalle Fricke – dat ben ich.

Jebore 1957, domols jenau op Wieverfastelovend… – tä!

Also, das konnte doch kein Zufall sein, denn wenn draußen die »decke Trumm jeiht« und die Kölner ihre Karnevalslieder singen, es wäre wohl kaum möglich gewesen nicht mit dem Fastelovends-Bazillus infiziert zu werden.

Schon in der Jugend kam der erste Kontakt über den Pfarrkarneval zum Fastelovend. Auch in unserer Pfarrei gab es damals, und auch heute noch, die KAJUJA. Hier hatte man mir damals die Künstlerbetreuung anvertraut.

Das Foto aus dem Jahr 1973
zeigt Ludwig Sebus (ganz rechts), mich selbst (ganz links), Martina Meyer und Bernd Mösch† aus der
KAJUJA St. Joseph im Bühnenzimmer des Jugendheims der Pfarrei St. Josef, Köln-Ehrenfeld.

Von da an war ich tatsächlich infiziert. Schon als Kind hatte ich Gitarrenunterricht erhalten und jetzt war ich in dem Alter, wo ich in diversen Rockbands meine erlernten »Fähigkeiten«, mehr oder weniger erfolgreich, der breiten Öffentlichkeit präsentieren wollte. Hauptsache laut und möglichst viele Mädels sollten im Publikum sein – das war damals für uns alle ganz wichtig!

Dann kam die Zeit der Bläck Fööss und der Höhner. In unserer Pfarr-KAJUJA fanden sich sehr schnell Mitmusikanten. Einer mit Akkordeon, ein weiterer mit »Schellekranz«, und schon gab es eine neue Band in Köln: »De Ihrefelder Junge«. Erste Erfolge stellten sich dann auf den Frauensitzungen der Pfarrei ein, und schnell hieß es da: „Geht doch mal zur »großen« KAJUJA in die Kasinostraße.“

Bruno Eichel war damals da Präsident, und wir stellten uns dort einem fachkundigen Publikum vor, welches aus bekannten Künstlern des Kölner Karnevals bestand. Ob Colonia Duett, Schötze Bum, Weltenbummler, Höhner, Weinselige oder Ne ärme Däuvel – alles was Rang und Namen hatte war hier vertreten. So auch Ludwig Sebus, der uns damals von der KAJUJA als Pate zugeteilt wurde, und der so meine ersten wirklichen Schritte in den Kölner Karneval mit wertvollen Tipps begleitet hat.

Doch es kam dann, wie so oft: et jov Knies, et jov Knatsch mit meinem damaligen Partner, und so entschloss ich mich neue Mitstreiter zu suchen, was auch nach kurzer Zeit gelang. Den alten Namen sollte ich nicht mehr verwenden, aber »De Junge vum Ihrefeld«, das war doch wirklich ganz anders und evtl. Verwechslung damit ausgeschlossen (ich kniepe he ens oder han ich am Eng doch jät em Aug?)!

Und tatsächlich: jetzt nahm die Sache auch so richtig Fahrt auf. Meine Band wurde mit meinen Texten und meiner Musik richtig erfolgreich. Das war ja alles neu, was wir da machten. Und originell war das auch noch, besonders das »Hausfrauenschlagzeug« von Lambert Zimmermann hatte es den Leuten doch sehr angetan!

Damals gab es ja noch keine CDs und auch keine Privatsender. Sich da in der Öffentlichkeit Gehör zu verschaffen, das war gar nicht so einfach. So mussten wir den oft steinigen und langwierigen Weg durch unzählige Kneipen und Säle gehen, um bei den Leuten einigermaßen bekannt zu werden. Das war wirklich harte und auch recht langwierige Arbeit, doch der Fleiß wurde dann irgendwann auch belohnt. Von Jahr zu Jahr wurden wir mehr gebucht, aber jedes Jahr mussten auch mindestens 2 neue Lieder her. – Glücklicherweise fiel mir das Texten und Komponieren damals nicht sonderlich schwer. Es flog mir nur so zu. Heute ist das anders.

Links: Ein Artikel von Fritz Schramma, dem späteren Oberbürgermeister, im Kölner Wochenspiegel aus dem Jahr 1984.

Rechts daneben:
die erste Autogrammkarte
von »De Junge vum Ihrefeld«.

Muuzemändelcher

oder: wie ich en »Muuz« jewode ben.

Dann, im Jahr 1981, erreichte mich ein Anruf von Franz Unrein. Franz war ja in seiner Type als »Schötze Bum« damals schon ein wirklich renommierter Redner und Mitglied der Karnevalistenvereinigung »Muuzemändelcher«, die in Köln – gerade auch aufgrund ihrer sehr prominenten Mitglieder – einen ganz hervorragenden, ja geradezu legendären Ruf besaßen. Wer dort Mitglied war, der hatte es im Kölner Karneval zu was gebracht!
Um so größer war meine Verwunderung (und Freude), als Franz mir an einem Dienstagabend telefonisch schon einmal vorab mitteilte, dass der Vorstand der Muuze uns, »De Junge vum Ihrefeld«, gerne einmal auf ihrer nächsten Vorstandssitzung, live anhören wolle, um uns eventuell eine hospitierende Mitgliedschaft anzubieten. Man wolle sich von den Mitgliedern her verjüngen, hieß es da, und den vielversprechenden Nachwuchs nun auch fördern. Aha…!? – Wir waren absolut platt!
So spielten wir dann eines Abends auf der Kegelbahn der Gaststätte »Blomekörfge« den Herren des damaligen Vorstands Teile unseres Programms vor. Hier saß wirklich die erste Liga der damaligen Karnevalsstars beisammen: Günter Eilemann, Toni Geller, Ludwig Sebus, Franz Unrein, Jupp Kürsch, Max Mauel, Michael Hoch, um nur einige zu nennen. Und wir schafften es tatsächlich zu überzeugen, denn schon bald erhielten wir die Nachricht, dass der Vorstand uns als hospitierend in den Kreis der Muuzemändelcher aufgenommen hatte. Un bes zom 27. Dezember 2021, övver 40 Johr lang, wor ich su en »Muuz«! – Ävver alles hät sing Zick, un mer muss wesse, wann et einfach nit mieh pass.

Vorstellabend am 7. Oktober 1984 im großen Saal des Sartory in Köln.

Von links:
Manfred Treuter, Lambert Zimmermann †, Günter Wolf, Kalle Fricke,
Charly Niedieck † und Karl-Heinz Marx †.

Später stieß dann noch Günter Stommel † zur Band. Günter, ein ganz hervorragender Musiker, klein von Statur, ergänzte die Band genial. Bei den Auftritten spielte er, so wie ich auch, die Gitarre und wusste in seinem Kochkostüm nicht nur auf Mädchensitzungen zu begeistern. Bei den »Mädcher« hatte er allerdings immer einen Stein im Brett. Oft hörten wir: »Nä, wat es dä drollig. Dä wör jet för ming Naakskommödche!» Mer han uns dodrövver noch off fottjeschmesse vör Laache…

Autogrammkarte
aus dem Jahr 1985.
Von links:
Wolfgang Hartmann †,
Günter Wolf,
Günter Stommel †,
Lambert Zimmermann †,
und Kalle Fricke

Dann das Jahr 1991. Der offizielle Sitzungskarneval fiel wegen des Golfkriegs aus. Wir hatten gerade unsere erste Schallplatten-Single im Studio von Günter Weber aufgenommen und irgendwo in Norddeutschland pressen lassen. Alles in Eigeninitiative und so natürlich auch alles selbst bezahlt. Und danngab es für uns keine Möglichkeit die Scheiben bei den Auftritten an den Mann bzw. an die Frau zu bringen! Die Stimmung war während der wenigen Auftritte, die überhaupt in der Session noch stattfanden, mehr als gereizt. Der absolute Tiefpunkt war bald erreicht.

Dann, im Bandbus, irgendwo auf der A3 zwischen Leverkusen und Siegburg, kam es dann zum großen Krach, der mich dann dazu bewog meine eigene Band schweren Herzens zu verlassen. Ich bin von Natur aus friedfertig und auch nicht stur, aber auch ich habe meinen Stolz. Das Maß war voll.–
Und so kam es, dass De Junge vum Ihrefeld noch einige Jahre ohne mich weiter existierten. Aber auch die verschiedensten Personalwechsel in wenigen Jahren konnten die Band nicht mehr retten. De Junge vum Ihrefeld verschwanden sang- und klanglos von den Bühnen des Rheinlands.

De Kölsche Fetze

Jahre später wurde ich von Fritz Demond und Klaus Matern † gefragt, ob ich nicht Lust dazu hätte bei »De Kölsche Fetze« den Bass zu spielen. Bass war ja nun überhaupt nicht mein Ding, ävver mer jewöhnt sich ja bekanntlich an (fast) alles. Ich sagte zu, und so war ich wieder Mitglied in einer Karnevalsband, fand dort neue Freunde und traf viele liebe, nette Menschen.

Vor allen Dingen aber stand ich wieder mit Freunden auf der Bühne und konnte in einer Band Musik machen. Das war eine tolle Zeit, die ich heute auch nicht mehr missen möchte.
Allerdings hieß es schon damals jedes Jahr im Studio eine neue CD zu produzieren und zu veröffentlichen, PR-Arbeit bei den lokalen Radiostationen zu leisten, Proben, Auftritte über das ganze Jahr usw. – richtig viel Arbeit für eigentlich kleines Geld. Aber so war das halt damals. Alles was wir mit der Musik verdienten, hatten wir auch umgehend wieder in Technik, Studio und CDs investiert.
Sehe ich heute die „jungen“ Karnevalsbands Backstage oder auch auf der Bühne, staune ich nur noch Bauklötze über das ganze professionelle Equipment, über das die da bereits verfügen. Dabei sind die doch vielfach Newcomer, vollkommen unbekannt in Köln und müssen hier normalerweise erstmal die Bühnen und ihr Publikum erobern. Wenn das von der Leistung her geklappt hat, dann fließt auch eine entsprechende Gage, die man z. T. spart, und von dem Gesparten dann in benötigtes Equipment investiert wird. So war das ja auch noch bei uns! Die ganze Sache war doch viel zu unsicher, um hohe Kredite aufzunehmen.
Ich erinnere mich noch gut an die Zeit um 1980 – wir wurden von Jahr zu Jahr erfolgreicher. Der Bekanntheitsgrad wuchs, wir wurden immer mehr gebucht, die zu fahrenden Strecken wurden weiter, was zu der Zeit noch immer mit privaten PKWs bewältigt werden musste. Einen Bandbus konnten wir uns da aber eigentlich noch nicht leisten. Glücklicherweise unterstützte uns damals meine Mutter und lieh uns einen „ziemlichen Betrag“. So war die Band in der Lage einen gebrauchten Bandbus anschaffen. Den Betrag haben wir dann von Auftritt zu Auftritt mit kleinen Beträgen wieder abgestottert…

StateUsQuo

Irgendwann lösten sich dann auch »De Kölsche Fetze« wieder auf, und dann kam – und das dauerte garnicht mal so lange – die Sache mit »StateUsQuo«. Nobby Gutzmann, der auch eine ganze Zeit lang als Gitarrist bei den »Kölsche Fetze« gespielt hatte, der von frühester Jugend an ein guter Freund von unserem leider viel zu früh verstorbenen Klaus Matern † war, der wollte sich einen langersehnten Jugendtraum erfüllen: die Songs der britischen Kultrockband »Status Quo« so originalgetreu wie möglich zu covern. Hatte ich dazu Lust? –
Yeap, ich hatte!

So folgten auf viele Jahre Karnevals-Mucke nun einige Jahre Rockmusik vom Feinsten. Da flog das Brett ziemlich tief!! Das machte wieder so richtig Spaß! Zwar war die Zahl unserer Auftritte durchaus überschaubar, aber wenn, dann ging so richtig die Post ab – auch beim Publikum!
Heute ist ja der Musik-Geschmack vielfach ein anderer. So gab und gibt es auch heute noch Quo-Edelfans, die  fast kein Live-Konzert der Briten in Europa auslassen. Man soll es nicht für möglich halten, aber die sind mindestens einmal im Monat auf einem Live-Konzert ihrer Idole – ganz egal wo es in Europa stattfindet.
Wir waren aber schon sehr froh, und natürlich auch ein bisschen stolz, dass sie uns in ganz NRW zu unseren wenigen Gigs begleitet haben – wenn sie denn Zeit hatten. So sind sie halt, die Quo-Edel-Fans.

Und jetzt

Jetzt lebe ich eigentlich froh, glücklich und durchaus zufrieden in Köln-Neuehrenfeld, bin seit Oktober 2020 stolzer “Opa“, freue mich über eine wunderbare und wirklich tolle Frau an meiner Seite, und habe dann, auch dank ihres Zuspruchs und ihrer Unterstützung, wieder mit öffentlichen Auftritten angefangen. Und das kam so:

Nachdem mich im Herbst 2014 Ludwig Sebus (wieder einmal der Ludwig!) darum bat, doch bei der Vorstellung seiner Biografie im Rahmen von »Früh’s KölscheMundArt« ein paar meiner Lieder vorzutragen, hatte ich im ersten Moment reflexartig abgelehnt.

»Wie soll dat dann jonn, Ludwig? Ich allein op d’r Bühn, nur en Jitta öm d’r Hals? Dat es doch nix! Dat es doch vill zo dönn« hatte ich ihm auf seine Frage hin geantwortet.

»Ja Kalle, häs do dann nit e paar Halvplaybäcks vun dinge Leeder?« fragte er mich darauf hin. Hatte ich nicht – woher denn auch?

Aber, damit war eine Idee geboren! –

Zugegeben, ich war bislang kein großer Freund von Playbacks, egal welcher Art. Die »Konserve« war für mich eigentlich nie eine Option. Die Idee mit den Halbplaybacks schien mir aber doch reizvoll. Hier konnte ich alles selbst machen. Audio- und Aufnahmetechnik hatten mich ja eigentlich schon immer sehr interessiert. Da kommt man ja als Musiker auch kaum dran vorbei. So nahm ich mir fest vor alles ganz alleine zu produzieren und für jeden einzelnen Ton verantwortlich zu sein. 

Und ich begann damit, mein vorhandenes technisches Equipment immer weiter aufzurüsten. Und es nahm – wie das bei Musikern erfahrungsgemäß so ist – bis heute kein Ende.

Ein neues Hobby, besser gesagt eine neue Hobbyvariante, war geboren.